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zur Inhaltsangabe 8.1.9. Einordnung und Datierung der jüngeren Kugeltopfkeramik |
8.1.9. Einordnung und Datierung der jüngeren Kugeltopfkeramik (Warenarten d1-d3) Die klare Bevorzugung eines einheitlich grauen Koch- und Tischgeschirrs ist eine gemein norddeutsche Erscheinung, die sich von der im Mittelgebirgsraum beheimateten Vorliebe für ziegelrote Waren klar abhebt[176]. Als Frühform der grauen Keramik ist die rheinische Paffrather Ware zu betrachten, die im 11./12. Jh. erscheint. Graue Irdenware beherrscht in großer Einförmigkeit, die wohl nur mit archäometrischen Methoden (Dünnschliffuntersuchung) verläßlich und vor allem nachvollziehbar zu differenzieren ist, das Bild der Fundkomplexe des Untersuchungsgebietes bis zum Ausgang des Mittelalters. Ihr Ende geht zurück auf den Geschmacksumschwung hin zu hellgrundigen glasierten Gefäßen, die zunächst die Kochkeramik durchdringen. Graue Irdenware ist im 16. Jh. nach H. Löbert und H.G. Stephan auf Schüsseln und Krüge beschränkt, doch ist hier auf zahlreiche Grapen und Kugeltöpfe des 16./17. Jh. zu verweisen, die bei Grabungen in Hildesheim zum Vorschein kamen[177]. Nach Ausweis der Dünnschliffuntersuchung stammt der Ton der Warenart d1 aus dem südniedersächsischen "Pottland" zwischen oberer Leine und Weser (siehe Anhang 4). Da Massentransporte im Mittelalter allgemein problematisch und Tonhandel im besonderen nicht belegt ist, kann von einem Import der fertigen Keramik ausgegangen werden. Der Vertrieb erfolgte per Schiff oder im Hausiererhandel. Um 1200 beginnt in zahlreichen Töpfereien des "Pottlandes" zwischen Hameln und Alfeld eine regelrechte Massenproduktion grauer Irdenware, deren Ausstoß kleine Ortstöpfereien weit übertroffen haben muß[178]. H. Plath datierte das Aufkommen dieser Warenart in Hannover in das frühe 13. Jh., diesem Ansatz folgt A. Büscher und nimmt eine Laufzeit bis in das 15./16. Jh. an. Während W. Janssen sie schlicht zur "blaugrauen Ware" des 12.-16./17. Jh. zählte, wird sie von der neueren Forschung in eine Vielzahl konkurrierender Untergruppen differenziert (vgl. Anhang 3: Konkordanz), die insgesamt einen ähnlich weit gefaßten Zeitraum vom 12./13. bis 15./16. Jh. füllen. Dabei bietet die Stadt Höxter mit der Zeit um 1100 und die Wildburg, Kr. Höxter, mit der zweiten Hälfte des 12. Jh. den frühesten, das Kloster tom Roden bei Höxter mit der Mitte des 13. Jh. den spätesten Anfangszeitpunkt. Auch in Magdeburg ist sie im frühen 13. Jh. belegt[179]. In der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm erscheint sie erstmals im Brandhorizont I-181.35 aus dem späten 12. Jh. Sie ist zuletzt klar belegt in der Grube N, die im Zusammenhang mit Bauarbeiten für die Bude K 48 nach 1469 steht. In der jüngsten Latrine II-44, die sich durch hohe Präsenz von Hafnerware um oder nach 1500 datieren läßt, sind nur wenige Scherben und eine Schüssel dieser Warenart enthalten (Abb. 47,111). Daraus ergibt sich ein Zeitansatz vom späten 12. Jh. bis zum Beginn der Frühen Neuzeit. Warenart d2 ist mineralogisch mit Warenart d1 weitgehend identisch und wurde ebenfalls im "Pottland" produziert (siehe Anhang 4). Sie unterscheidet sich von ihr allerdings durch die qualitätvollere Ausführung. C. Sauermilch betrachtete den für sie typischen metallischen Oberflächenglanz als Merkmal des späten Mittelalters. E. Kühlhorn und H.G. Griep vermuteten ein scharfes Überfeuern oder Anschmauchen mit bestimmten Holzsorten als Ursache des offensichtlich beabsichtigten und geschätzten Glanzes. Auffallend sind wechselseitige Formübernahmen mit Metallgeschirr (besonders Grapen). Dies wirft ein neues Licht auf die Oberflächengestaltung dieser Warenart: Möglicherweise imitierte sie metallenen Hausrat, der in Wertschätzung und Preisgestaltung deutlich über dem irdenen Geschirr lag und seit dem 14. Jh. zumindest wohlhabende Haushalte prägte[180]. W. Janssen rechnete diese Variante zur "blaugrauen Ware", die um 1300 erhebliche Qualitätsverbesserungen erfuhr, und vermutete ihre Herstellung bis in das 16./17. Jh. Für Hannover schlug A. Büscher eine Laufzeit vom 13.-16. Jh. vor. Ähnlich sind die Einschätzungen in der jüngeren südniedersächsischen Forschung, wo auch diese Warenart in zahlreiche konkurrierende Varianten gegliedert wird (siehe Anhang 3: Konkordanz): In Braunschweig, Minden und im Fundgut der Pfalz Pöhlde setzt sie allgemein im 13. Jh. ein. Dagegen vermutet R. Röber für tom Roden ihr Aufkommen erst ab der Mitte des 13. Jh. Für einen im Verhältnis zu Warenart d1 jüngeren Ansatz spricht ihre Abwesenheit im Fundgut der Brunsburg, Kr. Höxter, die im späten 13. Jh. aufgegeben worden ist, sie ist allerdings im münzdatierten Fundkomplex Höxter-Weserstr. 1 (drittes Viertel 13. Jh.) enthalten. In Magdeburg ist die metallisch glänzende Oberfläche eine Erscheinung der Zeit ab etwa 1300. Ihr Schlußdatum differiert zwischen dem 14. Jh. in Minden und dem 16. Jh. im Kloster tom Roden. Der jüngste absolut datierte Beleg stammt aus der münzdatierten Abfallgrube Magdeburg-Große Junkerstr. 12 (1534): ein scheibengedrehter Kugeltopf mit stark unterschnittenem Rand, niedriger Riefenzierzone und Linsenboden[181]. In der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm kommt diese Warenart später als Variante d1 auf: Sie fehlt in den älteren Schichten bis einschließlich zur Aufschüttung des Aushubs vor dem Steinwerk. Erstmals erscheint sie in der mittleren Füllschicht des großen Grabens (I-181.53 bzw. I-241.32), also zu einem Zeitpunkt, als er seine ursprüngliche Funktion eingebüßt hatte. Dies erfolgte höchstwahrscheinlich um die Mitte des 13. Jh. Ihr letztes Vorkommen liegt in Grube N (nach 1469). In der jüngsten Latrine II-44 (um oder nach 1500) fehlt sie bis auf ein Fragment. Daraus ergibt sich eine Datierung etwa von der zweiten Hälfte des 13. Jh. bis zum Ausgang des Mittelalters. Warenart d3 unterscheidet sich trotz ihrer äußerlichen Ähnlichkeit stark von den beiden o.g. Varianten: Sie ist mineralogisch identisch mit Warenart b2. Es handelt sich also um Ton wahrscheinlich lokaler Herkunft aus dem Raum Hannover (siehe Anhang 4). H. Plath beschrieb ihre Gegenwart in Schichten "vor 1190" bis in das 14. Jh., A. Büscher erweiterte ihre Laufzeit bis in das 15. Jh. Obwohl es keine direkten technologischen Entsprechungen gibt, ist sie formal eng verwandt mit lokalen Ausprägungen in Braunschweig (13. Jh.). Auch in Königshagen läuft neben der "klassischen" blaugrauen Ware eine lokale Imitation her (bis 14./15. Jh.). Ähnliche "Landrassen" der jüngeren Kugeltopfkeramik sind im gesamten Untersuchungsgebiet im 13.-15. Jh. belegt (vgl. Anhang 3: Konkordanz)[182]. Auch wenn der Produktionsort dieser Keramik nicht mehr zu lokalisieren ist, so beweist der schon 1541 bezeugte "Potthof" (überliefert in der "Potthofstraße") deutlich die Töpferei auch in Hannover selbst[183]. In der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm erscheint Warenart d3 in der oberen Füllung des großen Grabens (I-241.12), also nach dessen Aufgabe. Ihre jüngsten Vertreter stammen aus Grube C, die vor 1400 von M I-176 überbaut wurde und durch die Überschneidung der Grube D (die Siegburger Steinzeug führt) in das 14. Jh. gehören muß. Daraus ergibt sich eine Laufzeit von etwa der Mitte des 13. Jh. bis in das späte 14. Jh. Die Rand- und Gefäßformen der jüngeren Kugeltopfkeramik können gemeinsam vorgestellt werden, da die Zeitansätze einer Form auch bei unterschiedlicher Warenart gleich sind. Im Text wird die Rahmendatierung der jeweiligen Form vorgestellt, zusätzliche Einzelbelege sind den Anmerkungen zu entnehmen: Das Aufkommen der Kugeltöpfe im südniedersächsischen Raum vom 10. Jh. an wurde bereits unter der älteren Kugeltopfkeramik geschildert. Die beutelartige Gefäßform ist als ältere Ausprägung bis in das 13. Jh. üblich, wie bereits P. Grimm für den Raum Halle und Magdeburg feststellte. Ab dem frühen 13. Jh. dominieren vollkugelige Typen, die im 14. Jh. von gedrungenen Formen ersetzt werden. Die jüngsten Kugeltöpfe zeigen abgeflachte Linsenböden. Diese Entwicklung ist anhand der ostdeutschen Münzschatzgefäße gut erkennbar[184]. Die vollständigen bzw. rekonstruierbaren Kugeltöpfe der Grabung Bohlendamm fügen sich in dieses Bild: Ein beutelförmiger Topf (Abb. 43,86) stammt aus einer Planierschicht, die zu den Bauarbeiten um das Steinwerk (um 1200) gehört, vollkugelige Vertreter (Abb. 51,136.144) treten in der Einschüttung des großen Grabens aus dem frühen 14. Jh. und in der unteren Schicht der Latrine III-11 (fr. 14. Jh.) auf, aus der auch eine gedrungen-kugelige Form stammt (Abb. 54,145). In der zweiten Hälfte des 13. Jh. entwickeln sich aus Vorformen mit kurzen Standknubben die Grapen. Der früheste Vertreter stammt aus Höxter-Weserstr. 1 (drittes Viertel 13. Jh.), sie sind in verschiedenen Varianten bis weit in die Neuzeit verbreitet[185]. Am Bohlendamm stammt der älteste Beleg aus Grube H (Abb. 49,129), er wird durch die Vergesellschaftung mit Zehnkantgläsern um 1300 zu datieren sein. Der jüngste Vertreter in Irdenware lag in Grube N (nach 1469 verfüllt, Abb. 59,174). Bandhenkel sind ein Charakteristikum von Grapen (Abb. 51,137). Die Anbringung des Henkels ist offenbar chronologisch empfindlich: ein randständiger Henkel stammt aus Ps I-181.24 (Abb. 43,82), die zur Bauzeit des Steinwerks (um 1200) aufgebracht worden ist, alle Henkel aus jüngeren Schichten sind unterrandständig, d.h. befinden sich in der Halszone (Abb. 49,122; 51,137; 54,147). Eine vergleichbare Entwicklung durchläuft die rheinische Keramik[186]. Grapen und Kugeltöpfe zeigen die gleichen Randformen und können deshalb gemeinsam erörtert werden. Dabei zeichnet sich eine ältere, eine jüngere und eine langlebige Gruppe ab: E. Ring und H. Plath datieren den Rand mit horizontal abgestrichener Oberkante und den hohen, gratigen Rand (RF 2: Abb. 48,117.118 und RF 4: Abb. 48,119) in das 12.-14. Jh. In diese Zeit gehören in der Keramikentwicklung der Pfalz Werla auch der ausgezogene Rand und der Lippenrand (RF 10: Abb. 43,81; 48,120 und RF 11: Abb. 43,82.83; 49,121.122)[187]. Diese Randformen sind in den Warenarten d1-d3 am Bohlendamm nur in Einzelbelegen stratifiziert, welche sich in diese Datierung einfügen. Neben dieser frühen Randformengruppe mit deutlichen Anklängen an die ältere Kugeltopfkeramik gibt es eine jüngere: Der geschwungene, gratige Rand und der keulenförmig verdickte Rand gehören auf der Pfalz Pöhlde zu den Formen des 15./16. Jh. (RF 6: Abb. 43,80; RF 27: Abb. 56,160-163; 60,181.182). Letzterer kommt auch an einem münzdatierten Kugeltopf aus Peine (14. Jh.) vor[188]. Dazu paßt sein Auftreten auf der Grabung Bohlendamm im Inventar der ältesten Oberfläche Lh I-215 und in der Verfüllung des großen Grabens, die beide im 14. Jh. überdeckt wurden. Die geläufigsten Randformen sind ausgesprochen langlebig: Der unverdickte Lippenrand (RF 12: Abb. 43,84.85; 49,123-129) wird von H.G. Stephan in das 13.-15. Jh. datiert[189]. Am Bohlendamm erschien er bereits in der älteren Kugeltopfkeramik und läuft bis in die Füllung der Grube N (nach 1469). Die innen gekehlten Ränder (RF 13-16) und der Trichterrand (RF 17) sind chronologisch fast unempfindlich: H. Plath setzte RF 13, 14 und 17 "nach 1215" an; gemeinsam mit RF 15 und RF 16 laufen sie in Magdeburg und Minden bis in das 15./16. Jh. Ihre Verteilung in der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm differenziert das Bild kaum: Der "s-förmig profilierte Rand" (RF 13: Abb. 43,86 - 44,90; 50,130-135; 59,177) erscheint in den Anschüttungsschichten vor dem Steinwerk, das um 1200 errichtet wurde. Die übrigen gekehlten Ränder (RF 14: Abb. 44,91.92; 51,136 - 53,143; 60,178.179; RF 15: Abb. 44,93 - 45,99; 53,144 - 55,148; RF 16: Abb. 45,100) kommen aus Befunden, die jünger als die Aufgabe des großen Grabens sind und gehören somit erst in die zweite Hälfte des 13. Jh. Da sie bereits in der älteren Kugeltopfkeramik Vorformen besitzen, ist dieser verzögerte Einsatz jedoch nur bedingt aussagekräftig (siehe dort). In der jüngsten Latrine II-44 sind derartige Formen nicht mehr enthalten, wohl aber in Grube N (nach 1469) und in der Füllung der Latrine III-17 (15. Jh.). Der Trichterrand (RF 17: Abb. 45,101-102; 55,149-152) ist in der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm schon im Brandhorizont des späten 12. Jh. vertreten, sein jüngster Vertreter rührt aus Grube C her, die vor 1400 überbaut worden ist. Damit ist die Langlebigkeit dieser Formen auch am Bohlendamm erwiesen. Ebenso langlebig sind im Fundgut der Pfalz Werla der innen abgeknickte glatte Rand (RF 20: Abb. 45,105; 55,154), der Rand mit senkrechter Außenkante (RF 24: Abb. 45,109) und der glatte Rand mit Innenkehlung (RF 30: Abb. 58,168)[190]. Die stratigraphische Einordnung am Bohlendamm paßt zu dieser Ansprache. Die hohen glatten Ränder (RF 21: Abb. 45,106 und RF 23: Abb. 56,157) gehören in Minden zu Trinkbechern des 13./14. Jh[191]. H. Plath datierte das Aufkommen der Mehrpaßbecher (RF 22: Abb. 46,107.108; 56,155.156) "ab 1215". Diese Gefäßform bezeichnet H.G. Stephan als "für Südniedersachsen typisch" - wogegen ihre weite Verbreitung spricht[192]. Das vorliegende Exemplar mit Kugelboden (Abb. 46,108) kommt aus der unteren Füllschicht der Latrine III-11, die in das frühe 14. Jh. zu datieren ist, ferner stammen Randscherben aus Grube J, die wegen der dortigen Vergesellschaftung mit geflämmtem Siegburger Steinzeug in das fortgeschrittene 14. Jh. gehört. Dies widerspricht der Annahme von H. Rötting, Vierpaßbecher mit Kugelboden seien auf die erste Hälfte des 13. Jh. beschränkt, paßt aber zu dem Sortiment Kugelbecher aus der Grabung Göttingen-Markt 4 (münzdatiert um 1400)[193]. Tüllenkannen kommen nach E. Ring im 12. Jh. in Südniedersachsen auf, der jüngste Beleg stammt von der Burg Hausfreden im 14. Jh[194]. Das vorliegende kleine Exemplar mit Stielgriff (Abb. 50,135) paßt formal zum kleinen Grapen (Abb. 49,129). Vergleicht man sie mit den sonst deutlich größeren Vertretern dieser Gefäßformen, die auch sorgfältiger hergestellt wurden, so liegt der Gedanke an Kinderspielzeug nahe. Beide stammen aus der unteren Füllung der Grube H, wo sie mit einem Fragment Siegburger Frühsteinzeug und Bruchstücken von Zehnkantgläsern vergesellschaftet waren. Daraus ergibt sich ein Ansatz in die Zeit um 1300 oder früher. Eine ähnliche Tüllenkanne wird in Goslar in das 13. Jh. datiert[195]. Das kleine Tüllenfragment (Abb. 48,114) stammt aus der Fläche zwischen "Scheune" K 49 und Dammstraße, die um 1500 überdeckt worden sein muß. Stielgriffe sind nach H. Plath in die Zeit von "1215" bis "1371" zu setzen[196]. Diesem Ansatz steht am Bohlendamm nichts entgegen. Einhenkelkrüge drängen nach E. Ring im Laufe des 13. Jh. die Tüllenkannen zurück. Sie besitzen in Braunschweig im 13. Jh. u.a. Kragenränder (RF 31: Abb. 58,169). Zu ihnen gehören auch profilierte Henkel (Abb. 48,115), die eine weit verbreitete Erscheinung des 14./15. Jh sind[197]. Das einzige, aber entlegene Vergleichsstück für den hohen geschweiften Trichterrand (RF 18: Abb. 45,103) bildet die Randform eines Kruges aus Schleswig-Schild im 14. Jh[198]. Auf der Grabung Bohlendamm stammen sämtliche Krugfragmente aus der Oberfläche Lh I-215 und der oberen Verfüllung des großen Grabens, beide wurden im 14. Jh. überdeckt und fügen sich in die allgemeine Zeitansprache. Schüsseln oder Schalen sowie Lampen (RF 25,26: Abb. 47,110-113; 56,158-159; 60,182, RF 29: Abb. 58,166.167) sind vom 13. bis zum 16. Jh. in der gesamten Region in Gebrauch. Schüsseln können sowohl als Eß- als auch als Kochgeschirr gedient haben[199]. Auf der Grabung Bohlendamm kommt der älteste Beleg aus Grube D, die im späten 14. Jh. verfüllt worden sein dürfte, ferner sind sie in fast allen Gruben und Latrinen der Grabung des 14. bis 16. Jh. präsent, fügen sich also in obige Datierung ein. Das Auftreten von Kacheln setzte W. Janssen analog zur rheinischen Entwicklung in das 12. Jh. P. Grimm datierte ihren Beginn in das 13. Jh., H. Rötting in das 14. Jh. Der älteste urkundliche Beleg für eine Stube nebst Schornstein in dieser Region liegt aus Goslar von 1340 vor. In das 14. Jh. dürfte der keulenförmig verdickte Trichterrand (RF 19: Abb. 45,104; 55,153) gehören, der in Magdeburg und Hildesheim an Becherkacheln erscheint, beide Belege der Grabung Bohlendamm sind nicht stratifiziert[200]. Der horizontal umgelegte Rand (RF 28: Abb. 58,164.165) tritt an einer Schüsselkachel des 15. Jh. in Hildesheim auf. Seine Herkunft auf der Grabung Bohlendamm aus der Verfüllung der großen Baugrube zu Dammstr. 14 (nach 1469) paßt zu dieser Datierung. Leicht ausgekniffene Standböden (Abb. 59,175) gehören auf der Pfalz Werla und in Königshagen in die Mitte des 13. bis 14. Jh.[201] Einziehende Flachböden (Abb. 59,176) sind ein Merkmal von irdenen Trichterhalsbechern nach rheinischem Vorbild, die im Fundkomplex Höxter-Marktstr. 3 im frühen 14. Jh. belegt sind. Sie stammen am Bohlendamm aus der im 14. Jh. überdeckten Oberfläche Lh I-215. Wellenböden erscheinen nach H. Plath ab der Mitte des 13. Jh. und sind in Braunschweig noch bis zum frühen 15. Jh. üblich[202]. Riefenzier ist auch auf der jüngeren Kugeltopfkeramik eine geläufige Dekorform des späten 12. bis 15. Jh. Sie diente wohl nicht nur der Ästhetik, sondern auch der Griffigkeit der Gefäße und läßt eine Entwicklung erkennen: Die frühen Formen bestehen aus drei bis vier Riefen auf der oberen Gefäßschulter. Im 14. Jh. wird die Halszone von der Schulter abgesetzt und ausgeprägt konisch. Sie trägt fünf und mehr Riefen. Parallel dazu gibt es aber stets auch ungeriefte Gefäße. An der Schwelle zur Neuzeit erscheinen wieder niedrig geriefte Gefäße, deren Halspartie fließend in die Schulter übergeht[203]. In der Stratigraphie des Bohlendammes zeichnet sich eine Unterscheidung zwischen flau-verrundeten Riefengraten der Frühzeit und scharfkantigen Riefengraten ab: Erstere stammen aus den Schichten, die zu den Bauarbeiten des Steinwerks (um 1200) gehören, letztere aus der oberen Füllung des großen Grabens und den Latrinen des 14./15. Jh.
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