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Inhaltsangabe
18. Anhang 4: Petrographische Untersuchung an Keramik
aus Hannover
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Anhang 4: Petrographische Untersuchung an
Keramik aus Hannover (Peter Scholz)
Von den anhand des Grabungsbefundes der Grabung
Hannover-Bohlendamm von R. Atzbach ermittelten Warenarten
mittelalterlicher Fundkeramik wurde, mit Ausnahme des Siegburger
Steinzeugs, jeweils eine repräsentativ ausgewählte Scherbe mittels
Dünnschliffuntersuchung petrographisch qualitativ und quantitativ
charakterisiert. Es handelt sich dabei um Keramik von oxidierend und
reduzierend gebrannten Waren, helltoniger sowie harter grauer Irdenware
und engobiertem Faststeinzeug unterschiedlicher Scherbenfarbe,
Magerungskorngröße, Brandhärte und Zeitstellung. Archäologisch formaler
Ansprache zufolge wird für die helltonigen Waren und das Faststeinzeug
eine südniedersächsisch/ nordhessische Herkunft vermutet, während die
übrigen Warenarten der lokalen/regionalen Keramikproduktion zugeordnet
werden.
Als Magerungsmittel finden sich überwiegend gering feldspathaltige
Quarzsande (Magerungstyp I) mit unterschiedlicher Korngrößenverteilung.
Gerundete Gesteinsbruchstücke (Geröllchen) treten, bis auf den Scherben
der Warenart b2, nur vereinzelt auf. In einem Scherben (b1) konnte
Gesteinsgrusmagerung (Magerungstyp II) nachgewiesen werden.
Vorherrschendes Mineral ist demnach Quarz, das aufgrund seiner großen
Verbreitung für die Herkunftsbestimmung der Keramik keine Bedeutung
hat. Eine Möglichkeit bietet jedoch die vergleichende Betrachtung mit
Scherbenmaterial bekannter Herkunft. Von südniedersächischen Scherben
standen dazu Vergleichsschliffe gelber Irdenware aus Untersuchungen von
Okrusch und Wilke-Schiegries (1985) zur Verfügung, aus eigenen
Untersuchungen an Keramik der Stadtgrabung Braunschweig neben gelber
auch von grauer Irdenware und Faststeinzeug/Steinzeug
(Duingen/Coppengrave). Hinzu kommen Vergleichsschliffe von
Scherbenmaterial gelber und grauer Irdenware aus Seypessen und
Bengerode, das von Prof. Dr. H.G. Stephan (Göttingen) zur Verfügung
gestellt wurde. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengestellt.
Die Warenarten a1-b2 und d3 sind zu einer näher
verwandten Gruppe zusammenzuschließen, deren Herkunft in den
norddeutsch-hannoverschen Raum weist:
Im mikroskopischen Bild sind die Scherben der Warenarten a1 und a2
(einheitlich/uneinheitlich oxidierend gebrannte Ware) kaum zu
unterscheiden. Die überwiegend mittelkörnigen, angerundet bis
gerundeten Magerungspartikel sind nahezu gleichmäßig im Scherben
verteilt und zeigen gegenüber der tonigen Grundmasse (Matrix) mit einem
Grobschluffgehalt von 3 Vol.% eine deutlich ausgeprägte hiatale
Verteilungsstruktur. Beide Scherben führen neben vorwiegend Quarz
(monokristallin, häufig auch polykristallin) geringe Mengen an
Kalifeldspat (i.w. Mikroklin), selten Plagioklas und gerundete
Gesteinsbruchstücke, i.w. in Form von Quarz-Aggregaten (z.T. Quarzit)
und Quarz-Feldspatverwachsungen. In der Scherbe der Warenart a1 treten
daneben vereinzelt gerundete Fragmente saurer Vulkanite auf, in
derjenigen der Warenart a2 (Abb. a) findet sich ein kieselig gebundenes
Feinsandsteinfragment. Der mittlere Magerungsanteil liegt bei ca. 23
Vol.%.
Im Vergleich dazu zeigt sich im Scherben der Warenart d3 (harte graue
Irdenware mit schwarzem Kern) als wesentlicher Unterschied ein deutlich
höherer Grobschluff und Feinsandgehalt (vgl. Tab. 1), wodurch sich der
effektive Magerungsanteil auf 30 Vol.% erhöht. Die überwiegend fein bis
mittelkörnigen Magerungskörner sind homogen im Scherben verteilt und
zeigen gegenüber der Matrix ebenfalls ein deutliches hiatales Gefüge.
Der Anteil an Geröllchen (ein saures vulkanisches sowie ein metamorphes
[Gneis?] Gesteinsbruchstück) mit einem max. Korndurchmesser von 1,2mm
ist sehr gering.
Gegenüber diesen als weitgehend klassiert zu bezeichnenden Scherben
fällt die Verteilung der Magerungspartikel im Scherben der Warenart b2
(uneinheitlich reduzierend gebrannte Ware) durch eine stärkere
Variation in der Korngröße eher ungleichmäßig aus, bedingt durch einen
höheren Anteil vorwiegend angerundeter, grobkörniger granitischer
Mineral und Gesteinsfragmente, die als natürlicher Bestandteil
kompositionell unreifer, vermutlich pleistozäner Sande zu deuten sind.
Diese sind im norddeutschen Raum weit verbreitet und konnten als
Magerungsmittel auch in Scherben der Braunschweiger "Älteren Grauen
Irdenware" nachgewiesen werden (Scholz u. Rötting 1994), die sich im
Einzelfall mikroskopisch von Scherbe b2 kaum unterscheiden lassen. Der
maximale Korndurchmesser beträgt hier 2,3 mm.
Neben einem geringen Quarzsandgehalt treten im Scherben der Warenart b1
dagegen überwiegend eckige bis angerundete Mineral und
Gesteinsfragmente auf. Der Mineralbestand der aus dem Gesteinsgrus
kristalliner eiszeitlicher Geschiebe stammenden Einzelminerale sowie
der meist aus Quarz-Feldspatverwachsungen und Quarzaggregaten
bestehenden granitischen Gesteinsbruchstücke ist vorwiegend
gekennzeichnet durch Quarz, Kalifeldspat (Mikroklin, Perthit), wenig
Plagioklas, Biotit und selten Hornblende. Die Magerungskörner zeigen
hinsichtlich der Korngröße gegenüber der dichten, grobschluffarmen
Matrix ein hiatales Gefüge und sind völlig inhomogen im Scherben
verteilt. In nahezu allen Scherben finden sich zudem geringe Anteile an
krypto- bis mikrokristallinem Quarz (Chert) und opaken Erzmineralen,
vereinzelt auch und (Alt-)Tonklümpchen. An Akzessorien (Schwerminerale)
treten vorwiegend Hornblende, selten Epidot und Zirkon auf.
Im Vergleich dazu zeichnen sich die anhand von
Vergleichsschliffen nach Südniedersachsen gestellten Scherben der
Warenarten c1-c3, d1 und d2 neben einer unterschiedlichen
Korngrößenverteilung durch einen geringeren Anteil an gerundeten
Gesteinsfragmenten (i.w. Quarz-Feldspatverwachsungen) sowie einen
höheren Grobschluffgehalt aus. Diese sog. "sandige" Matrix ist nach
Frechen (1959) typisch für Duinger Keramik, tritt jedoch nicht in allen
untersuchten Scherben auf.
Zusammengefaßt werden können aufgrund gemeinsamer mikroskopischer
Merkmale die Scherben der Warengruppen c2 und c3 (helltonige Irdenware)
sowie d1 und d2 (harte Grauware). Relativ ungleichmäßig verteilt liegen
in sandiger Matrix (5 - 7 Vol.% Grobschluff) überwiegend fein bis
mittelkörnige, angerundete bis gerundete Magerungskörner (0,15 -
0,6/0,7mm). Ein geringer Grobsandgehalt ist stets vorhanden. Neben
vorherrschend monokristallinem Quarz treten in geringen Mengen
Feldspäte (i.w. Kalifeldspat) auf, nicht selten auch quarzitische
Magerungskörner, sowie vereinzelt Quarz-Aggregate und
QuarzFeldspatverwachsungen. In allen Scherben ist ein wechselnd hoher
Anteil vorwiegend gerundeter (Alt)Tonklümpchen vorhanden (Abb. b), die
z.T. völlig frei von mineralischer Magerung sind . Der mittlere
Magerungsanteil der Scherben liegt bei ca. 20 Vol.%.
Die Scherben stimmen in Korngrößenverteilung, Gefüge und Matrix
weitgehend mit den von Okrusch und WilkeSchiegries (1985) untersuchten
Proben 79:8/89, 79:8/158 (BS-Weberstraße) und 78:3/510 (BS-Packhof)
gelbtoniger Irdenware überein, zudem mit eigenen Proben u.a. von
Jüngster grauer Irdenware des 15./16. Jahrhunderts, die nach dem
chemischen Elementmuster dem Raum Duingen/Coppengrave zuzuordnen sind.
Die Scherben der Warengruppen e2 und e3 (Faststeinzeug) sind mit 9 bzw.
12 Vol.% relativ schwach gemagert. Die Magerung besteht hier aus
monomineralischem Quarzsand mit überwiegend angerundeter Kornform in
dichter bis sandarmer Matrix. (Alt-)Tonklümpchen sind vergleichsweise
seltener vorhanden. Während die Magerungspartikel in Scherbe e2
(Vergleichsscherbe Okrusch/WilkeSchiegries: GS/Neuwerk 79:3/14 und
GS/Kaiserpfalz 77:12/412) in einem relativ engen Korngrößenbereich
(klassiert) von überwiegend 0,1-0,3mm liegen (Abb. c) und anhand der
oben genannten sowie eigener Vergleichsschliffe dem Raum
Duingen/Coppengrave zuzuordnen ist, zeichnet sich der Scherben e3 durch
einen zusätzlich geringen Anteil gerundeter grobkörniger, meist
quarzitischer Magerungskörner aus. Eine südniedersächsische Herkunft
ist wahrscheinlich, aus dem mikroskopischen Befund alleine jedoch nicht
eindeutig zu klären.
Die Scherbe der Warengruppe c1 stimmt mikroskopisch mit
der ebenfalls helltonigen Vergleichsprobe mit schwarzem Kern (3500) aus
Bengerode weitgehend überein. Gegenüber der Scherbe e2 zeichnen sich
die in dichter Matrix liegenden, eckig bis angerundeten und homogen
verteilten Magerungskörner aus monomineralischem Quarzsand neben der
Kornform durch eine etwas größere Variationsbreite im
Korngrößenspektrum (0,15 - 0,5 mm) aus. Die Magerungspartikel weisen
gegenüber der Matrix eine deutlich hiatale Verteilungsstruktur auf.
Zu
den Abbildungen a-c:
Die Dünnschliffaufnahmen wurden erstellt von H. P. Kelber,
Mineralogisches Institut der Universität Würzburg, Am Hubland. Es
handelt sich um Dünnschliffaufnahmen der bezeichneten Warenarten,
aufgenommen bei ungekreuzten Nicols (M 1: 0,025). Blau: gefärbtes
Epoxydharz zur Darstellung der Porosität
Literatur:
Flügel, E. (1978): Mikrofazielle Untersuchungsmethoden von Kalken. 464
S., Berlin-Heidelberg-New York (Springer)
Frechen, J., briefliche Mitteilung in: Plath (1959)
Okrusch, M und WilkeSchiegries, R. (1985): Mineralogische
Untersuchungen an gelbtoniger Irdenware des 12. bis 13. Jahrhunderts in
Braunschweig und Goslar. In: Rötting, R. (1985): Stadtarchäologie in
Braunschweig. Ein fachübergreifender Arbeitsbericht zu den Grabungen
1976 - 1984. Forschungen der Denkmalpflege Niedersachsen.
Plath, H. (1959): Mittelalterliche Keramik vom 12. 15. Jh. in Hannover.
Hannoversche Geschichtsblätter (N.F.), 12, 139.
Scholz, P., Rötting, H. (1994): Stadtarchäologie Braunschweig.
Archäometrische Untersuchungen zur Definition und Abgrenzung
keramischer Warengruppen. Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte:
in Vorbereitung.
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