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8.1.7. Einordnung und Datierung der pingsdorfartigen Warenart c Der mineralogische Befund weist allen Varianten als Herkunftsgebiet das südniedersächsische "Pottland" zwischen oberer Leine und oberer Weser zu. Dabei ist Warenart c1 wahrscheinlich in Bengerode hergestellt worden (Anhang 4). Dies deckt sich mit den Untersuchungsergebnissen H. Plaths von 1958, der zudem erkannte, daß die helle Ware die gleichen Ränder trägt wie die blaugraue Ware - die ebenfalls im "Pottland" gefertigt wurde. Das Auftreten der rotbemalten hellen Irdenware ist ein gemein-westeuropäisches Phänomen. Ihre bekanntesten Vertreter sind die Pingsdorfer Keramik und die Hunneschanskeramik. Die bestdokumentierten Herstellungszentren liegen zwar im niederländischen Südlimburg und im Bonner Vorgebirge (9.-13. Jh.), doch muß es noch weitere Produktionsorte geben. Das früheste Vorkommen im südlichen Frankreich (8. Jh.) führt antik-mediterrane Traditionen fort[160]. Offensichtlich liegt der Schwerpunkt dieser als Feinwaren zu bezeichnenden Warenarten auf Trink- und Schankgeschirr. Im Raum Höxter ist sie von etwa 1100 bis in das zweite Viertel des 13. Jh. nachweisbar. In Hannover erscheint sie "vor 1190" und reicht bis "vor 1371", als Produktionsorte konnte H. Plath mittels mineralogischen Analysen das Rheinland, Duingen und den engeren Raum Hannover nachweisen; in Braunschweig ist sie im 12./13. Jh. belegt und mineralogisch ebenfalls im "Pottland" lokalisiert. Die Forschung an den Töpferorten selbst steckt noch in den Anfängen: in Coppengrave könnte die Produktion bis in das 13./14. Jh. reichen, in Duingen bis in das 15. Jh. Die von P. Grimm im Harzvorland erkannte Kontinuität vom 10.-16. Jh. legt eine Verbindung zwischen heller Irdenware und heller glasierter (Hafner-)Ware der frühen Neuzeit nahe[161]. Variante Warenart c1 ist in Südniedersachsen gängig und wird allgemein in das 11.-13. Jh. datiert. Während sie im Weserbergland bereits im 8. Jh. einzusetzen scheint, läuft sie in Minden bis in das 14. Jh. (siehe Anhang 3)[162]. Der unverdickte Lippenrand (RF 12: Abb. 40,58-60) erscheint an heller Irdenware in Hannover laut Plath von "vor 1190" bis "vor 1371", im Weserbergland ist er nur ähnlich grob eingrenzbar (850-1200)[163]. In der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm kommen Belege dieser Warenart in deutlicher Stückzahl nur in Befunden unterhalb des Steinwerk-Bauhorizonts vor, sie dürfte dementsprechend hier um 1200 auslaufen. Variante Warenart c2 wurde von A. Büscher in die zweite Hälfte 11.- erste Hälfte 13. Jh. gesetzt. Dieser Ansatz ist in Südniedersachsen üblich, nur in Minden reicht sie offenbar bis in das 14. Jh. (siehe Anhang 3)[164]. Der horizontal abgestrichene Rand (RF 1: Abb. 41,64) wird auf der Pfalz Pöhlde in das 10.-12. Jh. gesetzt. Der wulstig verdickte Rand (RF 3: Abb. 41,65) läuft in Minden vom 11. bis zum frühen 12. Jh., ist aber auch im münzdatierten Fundkomplex von Höxter-Weserstr. 1 (drittes Viertel 13. Jh.) belegt[165]. Der weit ausladende"klassische Lippenrand" (RF 11: Abb. 41,66-68) gehört auf der Pfalz Pöhlde zu den Randformen des 13./14. Jh.[166]. Der "s-"förmig profilierte Lippenrand (RF 13: Abb. 41,68) hat im Fundgut der Pfalz Werla eine Entsprechung in abweichendem Material, datiert in das 12.-13. Jh[167]. Flache Standböden sind in Königshagen, Hausfreden und Bengerode ab der Mitte des 13. Jh., in Magdeburg ab der Mitte des 14. Jh. vertreten[168]. Das geringe Vorkommen dieser Warenart auf der Grabung Bohlendamm setzt im Fundgut der ältesten Oberfläche ein, ist aber weit gestreut und läßt keine interpretierbaren Schwerpunkte erkennen. So ist eine Laufzeit vom 11.-13./14. Jh. durchaus möglich. Variante Warenart c3 wird im übrigen Südniedersachsen ebenfalls vom 11.-13. Jh., in Minden bis in das 14. Jh. angesetzt[169]. Der niedrige, gratige Rand (RF 5: Abb. 42,72) ist in Minden im 11. Jh. belegt, er wird im Fundgut der Pfalz Pöhlde generell in das 10.-12. Jh. gesetzt; Vergleiche zu der hochschultrigen Becherform (Abb. 42,72.73) ergeben sich auch im Repertoire der klassischen, rheinischen Pingsdorfkeramik im 12./13. Jh[170].. Der schmale, senkrecht abgestrichene Rand (RF 7: Abb. 42,73) erscheint ähnlich im Material der Pfalz Werla, datiert in das 12./13. Jh. und ist auch im Weserbergland vertreten (um 1200), die Randform selbst wird im Fundgut der Pfalz Pöhlde in das 13./14. Jh. datiert, gehört dort allerdings zu einem Miniaturgefäß[171]. Das Fragment des verdickten Lippenrandes (RF 11: Abb. 42,74) erinnert an Stücke aus Hannover, die H. Plath in das 12./13. Jh. datierte, die reine Randform wird auf der Pfalz Pöhlde allgemein weit (10.-12. Jh.) datiert[172]. Der unverdickte Lippenrand (RF 12: Abb. 42,75) ist ebenso schwer einzugrenzen: die Ansprache von Plath weist ihn in den Zeitraum "vor 1190" bis "vor 1371"[173]. In der Stratigraphie der Grabung Bohlendamm stammt der älteste Beleg aus dem Bauhorizont des Steinwerks (um 1200) und der zeitgenössischen Oberfläche zu Grube F, die zu derselben Siedlungsphase gehören dürfte. Das jüngste Vorkommen sind die oberen Füllschichten der Latrinen III-11 und der Grube H, die beide frühestens im 15. Jh. eingebracht worden sein können. Damit läßt sich eine Laufzeit von der Zeit um 1200 bis in das 14./15. Jh. belegen. Klarer ist dagegen der becherartige Henkeltopf III-114 (Abb. 42,79) einzuschätzen: In gelber Irdenware liegt ein gehenkelter Kugeltopf aus der ersten Hälfte des 13. Jh. in Braunschweig vor. Kleine Henkeltöpfe bietet der Münzschatzfund von Magdeburg (Schlußmünze vor 1250), in Königshagen gibt es einen ähnlich gedrungenen Topf (14. Jh. bis frühes 15. Jh.), jeweils aber in abweichendem Material. Die ausgeprägte Riefenzier über einer stärker abgesetzten Gefäßschulter ist im 13.-15. Jh. die gängigste Zierform überhaupt und als solche chronologisch recht unempfindlich: Sie entsteht im späten 12. Jh., die hier vorliegende Ausprägung bildet sich um 1300 aus und hält sich bis in das 15. Jh. Der Kugeltopf als Becherform ist im geschlossenen Fundkomplex vom Hagenmarkt 13, Braunschweig, in großer Stückzahl in der zweiten Hälfte des 14. Jh. belegt. Damit steht der Datierung aus dem Befund am Bohlendamm - Latrine III-11 wurde im frühen 14. Jh. angelegt - nichts entgegen[174]. Insgesamt zeichnet sich eine Laufzeit der pingsdorfartigen hellen Warenarten (insbesondere Variante Warenart c3) bis in das späte Mittelalter ab. Dies kann erst mit Gewißheit geklärt werden, wenn stratigraphisch gesicherte Komplexe des 15. Jh. - vor allem von den Töpferorten selbst - vorliegen.
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