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8. Die Funde

8.1.4. Uneinheitlich gebrannte ältere Kugeltopfkeramik

8.1.4.1. Variante Warenart a: Oxidierend gebrannte Ware

8.1.4.2. Variante Warenart b1: Uneinheitlich reduzierend gebrannte Ware mit grober Magerung

8.1.4.3. Variante Warenart b2: Uneinheitlich reduzierend gebrannte Ware mit mittlerer Magerung

8.1.4. Uneinheitlich gebrannte ältere Kugeltopfkeramik

8.1.4.1. Variante Warenart a: Oxidierend gebrannte Ware (Abb. 35, 4 - Abb. 36,12)

Diese Warenart läßt sich anhand der Magerung in zwei Varianten teilen: Bei Variante a1 (Kat. 4-8) besteht sie aus unregelmäßig verteilten groben bis sehr groben, bei Variante a2 (Kat. 9-12) aus mittleren, meist kantigen Körnern. Es handelt sich um weiße bis rötliche Quarz- und Feldspatpartikel, daneben sind feine, kaum wahrnehmbare Glimmerplättchen zu erkennen. Die Magerung erscheint direkt an der Oberfläche und verleiht dem Bruch eine unregelmäßig zerklüftete Gestalt. Abgesehen von der Korngröße sind die beiden Varianten formenkundlich und mineralogisch identisch. Sie werden deshalb gemeinsam behandelt:

Die Oberfläche des hart gebrannten Scherbens ist orangebraun, siena oder gelbbraun, wobei deutliche Schwankungen auch auf einer Scherbe häufig sind. Der Bruch kann davon abweichend auch schwarzgraubraun sein. Die Uneinheitlichkeit des Brandes reicht somit von oxidierendem bis zu regelrechtem Wechselbrand (Abb. 35,5; 36,9-12). Während die Wandscherben unregelmäßig geformt und zum Teil von erheblicher Dicke (bis zu 1 cm) sein können, wurden die Randscherben unter Verwendung eines Formholzes sorgfältiger gestaltet und überarbeitet (Abb. 35,5.6).

In Ermangelung vollständiger Gefäße werden die Fragmente Kugeltöpfen zugeschrieben. Handhaben, Ausgüsse oder Verzierungen liegen nicht vor. Die wegen der kleinen Fragmente nur näherungsweise bestimmbaren Randdurchmesser liegen bei 11-16 cm. Neben den vorherrschenden "einfachen Rändern" (RF 1: Abb. 35,4; 36,9-11. RF 4: Abb. 35,5; grob RF 8 Abb. 35,6) kommen auch Lippenränder vor (RF 12: Abb. 35,7; 36,12; RF 13: Abb. 35,8).

8.1.4.2. Variante Warenart b1: Uneinheitlich reduzierend gebrannte Ware mit grober Magerung (Abb. 36,13 - 37,27)

Das Magerungsbild entspricht weitgehend dem der Warenart a1: neben grobe, kantige oder runde, meist weiße oder rötliche Quarz- und Feldspatpartikel treten auch mittlere Korngrößen, deutlich ist ein Glimmeranteil zu erkennen. Die Magerung erscheint meist ummantelt an der Oberfläche, die jedoch insbesondere von größeren Körnern und Glimmerplättchen durchbrochen wird. Der harte Scherben zeigt unregelmäßige bis zerklüftete Bruchflächen.

Die Oberflächenfarbe variiert je Scherbe deutlich: Das Spektrum reicht von Mattbraun über Schwarzgraubraun bis Braunschwarz. Der Bruch ist braun bis schwarz, es liegen allerdings auch im Kern orange Scherben vor. Daher handelt es sich um eine uneinheitliche, tendenziell reduzierende Brandführung. Während sich das makroskopische Bild kaum von den Warenarten a und b2 unterscheidet, weicht der petrographische Befund deutlich ab (Anhang 4).

Die Wandscherben aus der Bauchzone sind von ungleichmäßiger Form und zeigen Wischspuren mit unregelmäßiger Linienführung. Die Randpartie läßt den Gebrauch eines Formholzes erkennen: das betreffende Gefäß wurde frei vorgeformt und anschließend glättend überarbeitet. Die Gestaltung erfolgte wahrscheinlich auf einer drehbaren Arbeitsscheibe.

Das Material liegt nur in kleinen Scherben vor. Wiederum ist der Kugeltopf die wahrscheinlich zugehörige Gefäßform. Ein Bandhenkelfragment (Abb. 37,27) belegt wohl einen gehenkelten Kugeltopf. Das Spektrum der Randformen ist im Vergleich zu Warenart a deutlich erweitert (siehe Abb. 22): Die häufigste Randform ist der schwach verdickte, rundlich unterschnittene Rand, der ohne ausgeprägte Halszone zur Schulter übergeht (RF 9: Abb. 36,20- 37,25), neben ihn treten der eng verwandte kantig unterschnittene Rand (RF 8: Abb. 36,18.19), der horizontal abgestrichene Rand (RF 1: Abb. 36,13), der hohe und niedrige gratige Rand (RF 4 und 5: Abb. 36,15-17), der wulstig verdickte Rand (RF 3: Abb. 36,14) und ein verdickter Lippenrand (RF 11: Abb. 37,26). Der Randdurchmesser liegt überwiegend zwischen 12 und 15 cm, Verzierungen fehlen.

8.1.4.3. Variante Warenart b2: Uneinheitlich reduzierend gebrannte Ware mit mittlerer Magerung (Abb. 37,28- 40,57)

Oberflächenfarbe und Gestalt entsprechen Warenart b1 und erinnern sehr an Warenart a2. Eine Differenzierung gegenüber Variante b1 erlaubt lediglich die meist mittlere Korngröße der Magerung, die gleichfalls aus weißem Quarz und rötlichem Feldspat besteht, zwischen denen vereinzelte Glimmerplättchen auftreten. Der petrographische Befund schließt sie enger mit Warenart a zusammen (Anhang 4).

Die Oberfläche des harten Scherbens ist einheitlicher gefärbt als die der grob gemagerten Variante, dennoch reicht das Farbspektrum insgesamt von Braungrau über Schwarzgraubraun bis Braunschwarz. Diese Warenart steht an der Grenze von uneinheitlichem zu einheitlich reduzierendem Brand. Wegen der mittleren Magerungskorngröße erscheint die Oberfläche insgesamt glatter und ebenmäßiger gestaltet als bei den vorgenannten Warenarten. Der Gesamteindruck der Wandscherben ist sorgfältiger. Viele Fragmente zeigen einen matten Glanz der Außenseite und Wischspuren, die auf eine glättende Überarbeitung der Gefäße vor dem Brand, im lederharten Zustand, hinweist. Vom äußeren Erscheinungsbild und der Bruchgestalt her bestehen große Ähnlichkeiten zur Warenart d3 der jüngeren Kugeltopfkeramik (siehe dort).

Einen guten Eindruck von der wiederum einzigen erschließbaren Gefäßform vermittelt der vollständig rekonstruierbare, leicht beutelförmige Kugeltopf mit geriefter Schulter (Abb. 39,48). Die Töpfe können auch breite randständige Bandhenkel tragen (Abb. 40,57). Die häufigsten Randformen (vgl. Abb. 22) sind der verdickte und der unverdickte Lippenrand (RF 11: Abb. 38,44 - Abb. 40,51; RF 12: Abb. 40,52), gefolgt vom "s"-förmig profilierten Rand (RF 13: Abb. 40,53-55.57). Ferner gibt es unterschnittene Ränder (RF 8: Abb. 38,39; RF 9: Abb. 38,40-42). Dazu kommen "einfache Ränder" wie der Rand mit horizontaler Oberkante (RF 1: Abb. 37,28-31; RF 2: Abb. 37,32-34; RF 3: Abb. 38,35) und der gratige Rand (RF 5: Abb. 38,36-38). Nur mit Einzelbelegen erscheinen der hohe verdickte Rand mit ausgezogener Schnauze (RF 10: Abb. 38,43) und der innen gekehlte verdickte Rand (RF 14: Abb. 40,56). Die ermittelten Randdurchmesser bewegen sich meist zwischen 12 und 16 cm, d.h. der vollständig rekonstruierbare Topf I-359.1 ist wohl hinsichtlich Gestalt und Größe als repräsentativ für die betrachtete Warenart anzusehen. Anders verhält es sich mit der Drehriefenzone im Halsbereich: nur ein weiteres Fragment (Abb. 37,34) zeigt ein flaues Riefendekor.

 

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