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zur homepage Rainer Atzbach, Die mittelalterlichen Funde und Befunde der Ausgrabung Hannover-Bohlendamm

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1. Einleitung

1. Einleitung

1982-87 führte das Institut für Denkmalpflege Niedersachsen am Bohlendamm die wohl letzte Stadtkerngrabung in Hannover durch. Die großflächig aufgedeckten, umfangreichen Baubefunde und Siedlungsspuren sollen in dieser Arbeit als Quelle für die Stadtgeschichte erschlossen werden. Dabei erfaßt die Beschränkung auf die mittelalterlichen Funde und Befunde den Großteil des vorliegenden Materials. Ergänzend werden die frühneuzeitlichen Funde und Befunde in knapper Form vorgestellt.

Ziel der Bearbeitung ist die Aufhellung der Siedlungs- und Baugeschichte sowie der materiellen Kultur im mittelalterlichen Hannover. Dabei gilt besonderes Augenmerk der frühesten Besiedlung und der Entwicklung der Grundstücksgrenzen. Letztere kann für das späte Mittelalter auch anhand der schriftlichen Überlieferung erschlossen werden. Hauskundliche Erkenntnisse sind nur bedingt zu gewinnen, da alle Befunde auf den Fundamentbereich beschränkt sind, der durch spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Unterkellerungen sehr beeinträchtigt worden ist. Die Bearbeitung stieß auf zwei Besonderheiten: Erstens wurde die bisher gängige Interpretation der frühen historischen Quellen zur Siedlungsentwicklung Hannovers von A. Büscher so fundiert in Frage gestellt[1], daß es sinnvoll schien, die Darstellung der Schriftquellen und die Theorienbildung der Forschungsgeschichte klar zu trennen. Zweitens nahm die neuere Forschung zur mittelalterlichen Keramik in Südniedersachsen für süddeutsche Beobachter einen ungewohnten Gang:

Die für diese Region vorgelegten Keramikgliederungen stützen sich im wesentlichen auf typologische Betrachtungen und nur bedingt nachvollziehbare Materialeinteilungen. Daher war es erforderlich, zunächst den gegenwärtigen Forschungsstand zusammenzufassen und die konkurrierenden Systeme zu korrelieren. Um eine tragfähige Grundlage für die vorliegende Auswertung zu erhalten, erschien es angeraten, ein völlig neues Gliederungssystem zu erstellen, das sich aus den Grabungsbefunden und der Fundvergesellschaftung ableiten läßt. Daher nimmt die Keramikbearbeitung einen breiteren Raum ein als ursprünglich beabsichtigt. Dennoch erwies sich die südniedersächsische Keramik als nur bedingt datierbar, lediglich in Ausnahmefällen sind Formen genauer als auf 100-200 Jahre anzusetzen, was sich auf die zeitliche Ansprache der Befunde auswirkte.

Im ersten Teil dieser Arbeit werden die historischen Quellen zur Geschichte Hannovers und der Dammstraße erörtert. Im zweiten Teil wird die Entwicklung der Dammstraße nach Ausweis der Grabungsbefunde nachvollzogen. Die Gliederung der Befunde erfolgt in Ermangelung einer durchgehenden Stratigraphie vermittels der Keramik. Jeder Befund wird durch zugehörige Keramikfunde einem groben "Horizont" zugeordnet, der durch die Fundvergesellschaftung definiert ist (siehe Kapitel 8.2). Die Feindatierung richtet sich nach den zugehörigen jüngsten Funden und Vergleichsbefunden.

Viele Mauern standen leider in keinem stratigraphischen Zusammenhang mit fundführenden Schichten. Um dennoch eine zeitliche Einordnung vornehmen zu können, wurden die wenigen bekannten Mauerwerksbefunde der historischen Altstadt Hannover nach ihrer Zeitstellung zu Mauertypen geordnet und als Datierungshilfe herangezogen (siehe Exkurs zur mittelalterlichen Mauertechnik in Hannover). Dem Zweck der Einordnung dieser Befunde diente auch die Auswertung der historischer Bilder und Luftaufnahmen, die zudem einen Eindruck davon geben konnten, in welchem Umfang der mittelalterliche Baubestand bis zur Zerstörung erhalten war. Der dritte Teil widmet sich den Funden und stellt die Grundlagen der Chronologie vor. Abschließend folgt der Versuch einer Synthese der verschiedenen Quellengattungen zu einem Gesamtbild der Siedlungsentwicklung, ergänzt durch einen Abriß der Entwicklung der Sachkultur bis zum Ausgang des Mittelalters.

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