zur homepage | Rainer Atzbach, Die mittelalterlichen Funde und Befunde der Ausgrabung Hannover-Bohlendamm |
zur Inhaltsangabe 8.5. Leder |
8.5. Leder Wegen günstiger Erhaltungsbedingungen sind im Fundgut der Latrine II-44 mehrere Lederfragmente vorhanden. Es handelt sich offenbar um die Überreste von Schuhen: ein Stück der Sohle (Brandsohle mit anhaftender Laufsohle, Abb. 77,263), mehrere Fetzen Oberleder (Abb. 77,265-270), ein trapezförmiges Riemenstück (Abb. 77,271) und mehrere schlanke Schuhriemen (Abb. 77,272-275). Schuhe unterlagen im Mittelalter schon wegen der schlechten Straßenverhältnisse einem großen Verschleiß; so verwundert es nicht, daß sie in großer Zahl besonders in Latrinen auftreten, die geeignete Feuchtigkeits- und Säureverhältnissen für oftmals optimale Erhaltung boten. Deshalb steht hinreichend Vergleichsmaterial für die Funde vom Bohlendamm zu Verfügung. Die Stücke sind stark fragmentiert, dies könnte - von der Fundbergung mit der Baggerschaufel abgesehen - auch auf Schusterabfall hindeuten. Bei der Vorstellung der Befunde wurde bereits auf den wohlhabenden Trippenmacher Hans Botfeld hingewiesen, der 1434 in den Besitz des Grundstücks L 4 kam, auf dem die Latrine eventuell lag. Es handelt sich offenbar um die Überreste von mindestens zwei Schuhtypen: die langschmalen Riemenstücke gehören zu einem (?) Schnürschuh, das trapezförmige Riemenstück zu einem Schnallenschuh. Beide Schuhverschlüsse sind im gesamten nordwesteuropäischen Raum üblich. Schnürschuhe sind vom 13. Jh. an bis zur Gegenwart in Gebrauch, Schnallenschuhe treten ab dem 13. Jh. auf, aus Braunschweig stammt eine Holzpantine mit Oberleder und einer sehr ähnlichen Riemenzunge (14./15. Jh.)[242]. Die unklare Fundlage in der Latrine II-44, die in das 15./16. Jh. gehört, erlaubt keine genauere Datierung.
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