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8. Die Funde

8.1.6. Pingsdorfartige hellgrundige Warenart c

8.1.6.1. Variante Warenart c1: Helle Feinware mit schwarzem Kern

8.1.6.2. Variante Warenart c2: Helle Ware mit sandpapierartiger Oberfläche

8.1.6.3. Variante Warenart c3: Helle Feinware mit kreidiger Oberfläche

8.1.6.4. Der helle Topf III-114

8.1.6. Pingsdorfartige hellgrundige Warenart c

Die im folgenden zu behandelnden Warenarten treten mit insgesamt 4 % Anteil an der stratifizierten Keramik zahlenmäßig gegenüber den oben behandelten deutlich zurück. Sie unterscheiden sich von ihnen durch ihre Machart erheblich, nach der sich drei Varianten differenzieren lassen. Sie werden zunächst getrennt vorgestellt und im Anschluß gemeinsam eingeordnet:

8.1.6.1. Variante Warenart c1: Helle Feinware mit schwarzem Kern (Abb. 40,58- 41,63)

Das Magerungsbild zeigt im Bruch feine, makroskopisch kaum wahrnehmbare, kantige Partikel durchsichtigen Quarzes. Sie treten nicht an der Oberfläche des harten bis sehr harten Scherbens hervor. Während die Oberflächenfarbe innen und außen recht einheitlich bei Braungrau bis Hellmattbraun liegt, ist der Bruch stets Schwarz. Infolge der sehr feinen Magerung sind die Bruchflächen glatt. Insgesamt zeugen die Stücke von einer sehr sorgfältigen Herstellung: die Oberflächen sind ebenmäßig. Auch wenn die vorliegenden Fragmente sehr klein sind, deuten breite konzentrische Verdickungen (Abb. ,62) an der Innenseite und die Dünnwandigkeit der Scherben (0,3-0,4 cm Stärke) auf eine Fertigung auf der schnell laufenden Drehscheibe.

Das Material ist stark zerscherbt. Die Herstellung auf der Drehscheibe einerseits und der Vergleich mit den beiden übrigen Varianten der hellen Feinware andererseits lassen als Gefäßform kleine Standbodentöpfe vermuten. Alle Randstücke weisen einen unverdickten Lippenrand auf (Abb. 22; RF 12: Abb. 40,58-60). Charakteristisch für diese Warenart ist neben der sorgfältigen Tonbereitung und Formgestaltung die Verzierung der Bauch- oder Schulterzone: Die abgebildeten Wandscherben tragen orangebraune Pinselstrichbemalung in Pingsdorf-Manier (Abb. 40,61; 41,62.63). Eine Randscherbe zeigt den Ansatz eines Henkels (?) oder ist ein Fehlbrand (Abb. 40,58).

8.1.6.2. Variante Warenart c2: Helle Ware mit sandpapierartiger Oberfläche (Abb. 41,64-71)

Das Magerungsbild unterscheidet sich deutlich von Warenart c1: Im Bruch und an der Oberfläche erscheinen mittlere runde und kantige Körner weißen undurchsichtigen Quarzes und rötlichen Feldspates. Die Verteilung im sehr harten Scherben ist gleichmäßig, vereinzelt sind auch grobe Partikel vertreten. Oberfläche und Bruch sind einheitlich orangebraun bis hellmattbraun. Die hervortretende Magerung bewirkt eine sandpapierartig rauhe Oberfläche. Der Bruch ist rauh bis leicht zerklüftet. Insbesondere die Wandscherben sind von unregelmäßiger Form: sie zeigen außen und innen ungleichmäßige Verstreichspuren. Die Gefäße wurden offensichtlich freihändig aufgeformt und anschließend auf einer Arbeitsscheibe nachgedreht.

Hinweise auf die Gestalt des Gefäßkörpers geben vor allem ein bis in den Bauchbereich erhaltenes Gefäßprofil und eine Bodenscherbe (Abb. 41,68.71). Demnach müßte es sich um kugelige Töpfe mit Standboden handeln. Kugeltöpfe lassen sich als weitere Form nicht ausschließen. Die typische Randform sind Lippenränder (Abb. 22; RF 11: Abb. 41,66.67 und RF 13: Abb. 41,68). Hierzu treten ein unverdickter und ein ein wulstig verdickter, horizontal abgestrichener Rand (RF 1: Abb. 41,64 und RF 3: Abb. 41,65). Der ermittelte Randdurchmesser liegt zwischen 11 und 15 cm. Charakteristisch ist die Verzierung: Mehrere Fragmente zeigen orange Pinselstrichbemalung , die auf dem größten Belegstück als "a" oder schlicht schlaufenförmig ausgebildet ist (Abb. 41,68-70). Ein Rand- und Schulterstück (Abb. 41,68) zeigt in der oberen Schulter- bzw. Halspartie fünf Riefen mit gerundeten Graten.

8.1.6.3. Variante Warenart c3: Helle Feinware mit kreidiger Oberfläche (Abb. 42,72-78)

Die Magerung besteht aus rundem oder kantigem farblosem, sehr feinem Quarz, der kaum an der Oberfläche erscheint. Der harte bis sehr harte Scherben fühlt sich kreidig an. Die Farbe liegt sehr einheitlich bei Mattbraun bis Hellmattbraun. Die Bruchkanten der Fragmente sind infolge der sehr feinen Magerung glatt. Die meisten Wandscherben haben eine regelmäßige Gestalt und nur geringe Stärke (0,3-0,4 cm). Sie zeigen vereinzelt regelmäßige Riefungen; die Unterseite der Bodenscherbe läßt konzentrische Abschneidespuren erkennen. Dies spricht für eine Herstellung auf der schnellaufenden Drehscheibe.

Das Bodenfragment (Abb. 42,78) bezeugt die Existenz glatter Standböden. Neben Lippenrändern (Abb. 22; RF 11: Abb. 42,74 und RF 12: Abb. 42,75) sind einfache Ränder vertreten (RF 5: Abb. 42,72 und RF 7: Abb. 42,73). Der Randdurchmesser liegt zwischen fünf und acht Zentimetern. Diese auffallend geringen Mündungsweiten und die wenig profilierten, "mundgerechten" Ränder legen eine Deutung als Trinkbecher mit glattem Standboden nahe. Als Verzierung tritt wiederum orange bis orangebraune Engobebemalung in Pingsdorf-Manier auf (Abb. 42,73,76,77)

8.1.6.4. Der helle Topf III-114 (Abb. 42,79)

Der unversehrte Kugeltopf III-114 ist nicht klar Variante c2 oder c3 zuzuweisen. In Ermangelung einer Bruchfläche sind keine Aussagen über seine Magerung möglich. Die Oberfläche ist sorgfältig überglättet, läßt übermantelte Magerungspartikel erkennen und fühlt sich kreidig an. Der mattbraune Scherben ist hart gebrannt. Diese Merkmale würden eine Zuweisung zu Warenart c3 erlauben, seine Machart gleicht dagegen mehr c2: Die untere Gefäßhälfte ist offensichtlich freihand geformt und überglättet.

Der geringe Randdurchmesser (9,3 cm) und das kleine Volumen (0,5 l) lassen ihn eher als Becher denn als Topf betrachten. Das Gefäßunterteil ist gedrückt-kugelig ausgebildet, darauf sitzt ein hoher konischer Hals der fünf Zierriefen mit gerundeten Riefengraten aufweist. Der schmale "mundgerechte" Lippenrand knickt unvermittelt von der Halszone ab (etwa RF 11). Die Hals- und Randzone wurden offensichtlich mit einem Formholz gestaltet. Knapp unterhalb der Randlippe setzt ein Bandhenkel ein, der bis zur Schulterpartie etwa auf halber Gefäßhöhe führt.

 

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